Gegenüber "Spiegel"-Bestsellern kann man ja schon mal misstrauisch sein - nicht immer funktioniert die literarische Schwarmintelligenz, oft folgt sie nur hochfahrendem Kitsch (wir nennen jetzt keine Namen ...). Mit dem neuen Titel von Daniel Schreiber, Jahrgang 1977, können Sie aber wenig falsch machen: Schon dass er ein Eingangszitat von Annie Ernaux wählt, bürgt für Qualität. Sein persönlicher, klarer Stil saugt einen direkt in den schlichten schönen Essayband hinein.
Er beginnt mit einem massiven Gefühl des Alleinseins, das sich erst im Corona-Lockdown zeigte: "In den vorangegangenen Monaten hatte sich in mir immer mehr das Gefühl verfestigt, dass ich
etwas falsch gemacht hatte, dass ich in jungen Jahren einem verträumten Missverständnis erlegen war, was das Erwachsenenleben betraf, und dass sich die Auswirkungen dieses Missverständnisses erst
jetzt wirklich zeigten." - Kurz, man hat sich nicht rechtzeitig ein Haus gebaut, um Rilke zu zitieren, und jetzt, wo eine vielgestaltig kumulierende Weltkrise immer sichtbarer wird, hat man den Salat.
Was hat man als kinderloser Single? Eine andere Art Kummer und Lust. Freunde, Gärten, Bücher.
Daniel Schreiber:
Allein (Leseprobe)
Hanser Berlin, gebunden, 160 Seiten
20 Euro